Der tägliche Konsum von Nachrichten und was dies mit uns macht

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Lesen Sie regelmäßig die Zeitung? Wir versuchen ja, uns so gut wie möglich über das Weltgeschehen zu informieren. Wir möchten schließlich Bescheid wissen und auch mitreden können. Doch was uns in den Medien begegnet, ist eine Flut von Nachrichten, die kaum zu überschauen ist. Die tägliche Welle aus Meldungen, Skandalen, Halbwahrheiten mit Artikeln über Bedrohung, Gewalt und Missgunst überrollt uns. Aber wird in diesen Medien wirklich die Welt, in der wir leben, repräsentiert? Ist dies das Leben da draußen? Entspricht die Häufigkeit der Meldungen über Verbrechen der wirklichen Kriminalitätsrate? Gibt es tatsächlich derart viel Bedrohung, Gewalt und Missgunst auf der Welt? Und vor allem: Wohin bringen uns diese Informationen? Es gibt heute nachweislich weniger Gewalttaten an Kindern als in den 70er Jahren und doch wird mehr darüber berichtet denn je. Ständige Wiederholung der gleichen oder ähnlichen Nachrichten weicht unser Urteilsvermögen auf und wir verlieren den Blick für das Ganze. Und dies hat eine Auswirkung auf unser Sicherheitsempfinden. Es macht uns ängstlich, wütend, traurig.

Die Welt der Nachrichten und das echte Leben

Ja, vieles, was wir lesen, ist nicht gerade ermutigend. Wir leben in einer schwierigen Welt und sie durch eine rosa Brille zu betrachten, hilft auch nicht wirklich. Was aber ist dann die Lösung?  Auswandern und Schafe züchten? Bevor Sie verzweifeln, oder die Koffer packen, lehnen Sie sich bitte noch mal zurück und atmen tief durch. Wenn wir die Zeitung lesen oder Nachrichten hören, focussieren wir nur einen  kleinen Ausschnitt der Welt da draußen.

  1. Informationen sind nur dann wirklich wertvoll, wenn sie im Gesamtzusammenhang gesehen werden und mit anderen (vergleichbaren) Daten verglichen werden. Wenn uns zum Beispiel vorgerechnet wird, dass es immer weniger Arbeitslose gibt, klingt das erst mal gut. Aber wer glaubt, dass die Personen, die als „nicht arbeitslos“ in der Statistik auftauchen, auch einen Job haben, irrt sich. Denn Personen, die in Weiterbildungen sind oder 1 Euro Jobs haben sind nach der Statistik nicht arbeitslos. Eine Einzelinformation ist also kaum von wert.
  2.  Das menschliche Denken ist unglaublich leicht zu manipulieren. Schon unsere eigenen Erinnerungen sind führt uns ständig in die Irre, dennoch halten wir sie für Fakten. Genaugenommen betrügt uns unser Gedächtnis ständig. Fünf Beobachter werden mindestens fünf verschiedene Versionen des gleichen Unfalls hervorbringen. Dies ist unter weniger belasteten Umständen nicht anders. Wir sehen Bilder im Internet und glauben, dies mit eigenen Augen gesehen zu haben. Erinnerungen gaukeln uns immer wieder etwas vor. „Weißt du noch, wie schön das damals war!“, aber die schweren Zeiten, den Zank und Kummer blenden wir einfach mal aus.
  3. Was für den Magier auf der Bühne der doppelte Boden ist, das sind die permanenten Wiederholungen einer einzigen Botschaft. Plötzlich wird die absurdeste Idee zum Fakt. So kann man mit dem richtigen Slogan und der Extraportion Dreistigkeit jede beliebige Information in die Köpfe meißeln. Diesen einfachen Trick kennen Werbeagenturen und Propagandaminister: Wiederholen, wiederholen und nochmal wiederholen bis es einfach in den Köpfen zur Realität geworden ist.
  4. Als soziale Wesen neigen wir dazu, zu glauben, was die Mehrheit sagt. Und so das erleichtert Manipulatoren die Überzeugungsarbeit.
  5. Wenn wir mit schlechten Nachrichten oder Erlebnissen konfrontiert werden, neigen wir zu Verallgemeinerungen. Wenn uns selbst betrogen fühlen, denken wir etwa „Es wird immer schlimmer.“ Was mit Stress und unangenehmen Gefühlen behaftet ist, bleibt deutlicher in unserem Gedächtnis. Auch, wenn wir es kritisch betrachten, sickert doch etwas davon in unser Bewusstsein ein.
  6. Je häufiger eine Mitteilung wiederholt wird, desto mehr kommen wir zu der Überzeugung, dass sie wahr ist. Werbung und Politik machen sich diesen Mechanismus zunutze.
  7. Nachrichten sind eine Ware wie jede andere auch. Wirtschaftlich gesehen zählen dabei Webseitenklicks oder eben verkaufte Zeitungen und Werbung. Und Nachrichten wie „Boris Becker ist pleite“ verkaufen sich halt besser als „Endlich wieder Bieber in Hessen.“ Zumindest gehören diese Skandalnachrichten zum Geschäft. Sie werden kaum solch eine Nachricht über die Bieber auf der ersten Seite finden. Und unser Unterbewusstsein diktiert uns, was wichtig ist: „Steht auf der Titelseite? Wichtig!“
  8. Filme, emotionsstarke Sätze, und bewegende Bilder können eine subtile hypnotische Wirkung haben. Betrachten Sie einmal Leute beim Fernsehen, da können Sie dies sehr deutlich sehen.

„Ein Irrtum ist umso gefährlicher, je mehr Wahrheit er enthält.“ Henri-Frédéric Amiel

Du bist, was Du isst – Du wirst was Du liest

Wenn wir uns von Junkfood ernähren, können wir kaum erwarten, dass wir morgends vor dem Spiegel ein gutes Bild abgeben. Wir werden krank aussehen und uns auch so fühlen. Mit den Kommunikationen und Informationen aus unserer Umgebung ist es ähnlich. Wir können kaum erwarten, dass wir eine lebensbejahende Einstellung beibehalten können, wenn wir uns täglich Klatsch, Tratsch und Katastrophenmeldungen reinziehen. Wenn wir Informationen aufnehmen, dann in der Regel, um ein Problem zu lösen,  oder um irgendetwas in unserem Leben besser in den Griff zu bekommen. Und jetzt mal Hand aufs Herz – wenn Sie sich einen Artikel oder ein Buch mit irritierenden Nachrichten,  Untergangsprophezeiungen oder ähnlichem durchlesen, der wie fühlen Sie dann?

  • Können Sie aus dem Gelesenen weitere Informationen und Schlussfolgerungen ableiten, die Sie weiter bringt?
  • Wenn diese Informationen Probleme oder Missstände beschreiben, zeigen sie dann auch Lösungsmöglichkeiten? Haben Sie das Gefühl, etwas tun zu können?
  • Fühlen Sie sich durch diese Informationen auf irgendeine Weise bereichert?
  • Regt es Sie zum Nachdenken und Weitererzählen an, oder nur erhalten Sie nur eine emotionale Reaktion?

Wenn Sie diese drei Fragen mit Nein beantworten müssen, dann hat der Anspruch der Information um Lösungen zu entwickeln, seinen Zweck verfehlt. Dies kann daran liegen, dass gerade beim Friseur ein Boulevardblatt durchblättern, muss aber nicht.

Gehen wir der Sache also besser nach und machen einen zweiten Test.

  • Fühlen Sie sich durch diese Informationen emotional bewegt und gleichzeitig hilflos?
  • Haben diese Informationen Ihre Ansichten und Überzeugungen erschüttert?
  • Beunruhigt es Sie, dass „es immer und überall“ passiert?
  • Fühlen Sie sich dadurch in Ihrer Sicherheit bedroht?

Wenn Sie die Fragen der ersten Gruppe mit Nein“ und die der zweiten Gruppe mit „Ja“ beantworten, sollten Sie Ihr eigenes Informationsverhalten unter die Lupe nehmen und die Informationen, die Sie konsumieren, besser aussortieren. Bedeutet das, dass wir uns nie wieder ernsten Themen oder schlechten Nachrichten aussetzen sollen? Sollen wir etwa in einer heimeligen Blase der Glückseligkeit leben? Nein, ganz sicher nicht. Sie sollten nur die Nachrichten und überhaupt alle Informationen mit einer gesunden Skepsis betrachten. Denn eine Nachricht, aus dem Zusammenhang genommen und möglicherweise noch verallgemeinert, wird uns nicht weiter bringen, sondern verunsichern.

Die Kur gegen die Nebenwirkungen unseres Informationskonsums.

  • Machen Sie mal eine Woche lang Informations-Detox. Verzichten Sie in dieser Zeit auf alle Nachrichten und beobachten Sie dann, wie es Ihnen geht
  • Halten Sie generell Abstand zu verstörenden Darstellungen von Missbrauch, Gewalt und Zerstörung
  • Sammeln und sortieren Sie Nachrichten und auch andere Informationen und überprüfen Sie diese auf Nützlichkeit für Ihr eigenes Leben, oder was Sie für andere tun können.
  • Verwenden Sie Informationen aus unterschiedlichen Quellen. Vergleichen Sie. Wahren Sie immer eine gesunde Distanz, bis Sie genug wissen, um sich eine Meinung zu bilden
  • Betrachten Sie Nachrichten immer im Zusammenhang mit anderen Daten, nie isoliert für sich
  • Konsumieren Sie Informationen mit Bewusstsein und Achtsamkeit sich und anderen selbst gegenüber
  • Widmen Sie sich dem echten Leben zu und den Menschen, die Ihre Hilfe brauchen
  • Unterstützen Sie gemeinnützige Organisationen mit etwas Geld, statt die Opfer zu bedauern. Letztlich hilft es keinem der Betroffenen, wenn wir schockiert und betroffen auf den Monitor starren.
  • Lernen Sie, Informationen zu selektieren und auszuwerten

Fazit

Ihre Familie, Ihre Freunde, Ihre Firma braucht Sie und zwar mit Ihren besten Eigenschaften und Ihrem Elan. Wir brauchen Informationen, weil Sie uns weiter bringen, anregen und weil wir Probleme damit angehen können. Aber was und vor allem wie viel müssen wir wirklich wissen? Seien Sie so wählerisch im Umgang mit Informationen wie Sie es wahrscheinlich mit Ihren Nahrungsmitteln sind. Schließlich suchen Sie ja auch aus, was Sie essen und lassen liegen, was nicht genießbar aussieht. Wir werden so durch leicht durch unsere Emotionen und Reaktionen manipuliert. Aber es liegt an uns, ob wir ihnen nachgeben, oder noch einmal mit einer gesunden Portion Skepsis betrachten.

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